Kondolenzbuch für Prof. Dr. Tim Spier

24. November 2017|

Gemeinsam mit dem FSR GGLaBaMa laden wir herzlich sowohl alle Studierenden als auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, um etwas in das Kondolenzbuch des kürzlich verstorbenen Prof. Dr. Tim Spier einzutragen. Ihr findet das Buch im NA-Gebäude (links neben dem Eingang).

Wir möchten an dieser Stelle auch auf den Nachruf des Seminars für Sozialwissenschaften hinweisen:

„Universität Siegen trauert um Prof. Dr. Tim Spier

Tim Spier, Juniorprofessor für Politikwissenschaft, ist am 15.11.2017 plötzlich und unerwartet im Alter von 42 Jahren in Düsseldorf gestorben. Die Universität trauert um einen geschätzten, wertvollen und lieben Kollegen. Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt seiner Familie.

Nachruf auf Tim Spier (1975 – 2017)

Tim Spier kam 2011 zu uns an die Universität Siegen, als Vertreter für eine W2-Professur „Politisches System der Bundesrepublik“. Für den gebürtigen Niedersachsen, aufgewachsen in Lehrte, war das Siegerland eine ganz eigene Erfahrung. Aber er war auf kulturelle Veränderungen vorbereitet. Denn nach seinem Studium in Göttingen, in Jura und in Politikwissenschaft, und nach der von der DFG geförderten Promotion kam er 2007 ins Rheinland, an die Universität Düsseldorf. Der Wechsel von Pils zu Alt, von Hannover 96 zu Fortuna Düsseldorf fiel ihm erstaunlicherweise relativ leicht.

Am renommierten Düsseldorfer Institut für Parteienforschung und Parteienrecht fand Tim Spier seine neue Heimat, und die Düsseldorfer fanden einen kongenialen Kollegen. Denn Tim Spier hatte in Göttingen genau den Gegenstand gefunden, für den er bis zuletzt vor allem gestanden hat, den er auch gelebt hat: die politischen Parteien. Geprägt von der Schule von Peter Lösche und Franz Walter hatte er in Göttingen mit „summa cum laude“ promoviert über „Rechtspopulistische Parteien in Westeuropa“. Schon da zeigte sich, wie überzeugend Tim Spier die Parteienforschung mit der Analyse politischer Institutionen, politischer Einstellungen und politischer Kultur verbinden konnte. Er war kein enger Schmalspur-Forscher. Den versierten Empiriker interessierte der breitere Kontext.

Am Institut für Parteienforschung bei Ulrich von Alemann und Martin Morlok zeigte sich schnell, was für ein Gewinn Tim Spier für die Düsseldorfer Politikwissenschaft war. Als Jurist mit erstem Staatsexamen und exzellenter Methodiker war er der Richtige, um Innenleben und politische Funktionen von Parteien zu erforschen. Er hatte maßgeblichen Anteil daran, die von der DFG geförderte Parteimitglieder-Studie durchzuführen und erfolgreich zu publizieren. Tim Spier war nicht nur fachlich und methodisch eine Bereicherung. Die Düsseldorfer Kolleginnen und Kollegen lernten schnell zu schätzen, wie kollegial, hilfsbereit und zuverlässig, was für ein guter Mensch er war. Im wachsenden Wettbewerbsdruck der Wissenschaft fiel er damit immer wieder auf, auch bei uns in Siegen.

Wir merkten schnell, was für ein souveräner und solidarischer Kollege zu uns gekommen war. Wir lernten einen liebenswürdigen Menschen kennen, mit seinen offenen und verborgenen Interessen: beim gemeinsamen Essen in der Mensa, beim Fachsimpeln über Sport, Rock, Punk oder den lakonischen Humor der norddeutschen Tiefebene. Und natürlich über Politik.

In der Konkurrenz um eine Juniorprofessur für das Politische System der Bundesrepublik an unserer Universität war Tim Spier mit Abstand der qualifizierteste Bewerber. 2015 wurde er erfolgreich zwischenevaluiert. Bereits kurz danach gelang ihm ein echter Coup: Zusammen mit seinem Kollegen Markus Klein von der Universität Hannover warb er fast eine Million Euro bei der DFG für die „Deutsche Parteimitgliederstudie 2017“ ein. In den Medien war er ein vielgefragter Experte, seine Analysen wurden sehr geschätzt. Auch politische Parteien und andere Organisationen suchten häufiger seinen Rat. In der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft war er Sprecher des Arbeitskreises „Parteienforschung“. Auch über Fächergrenzen hinweg war er aktiv, zuletzt im Exzellenz-Antrag „Populismus – POP“ mit vielen Kolleginnen und Kollegen der Philosophischen Fakultät unserer Universität.

Wer weiß, wie engagiert Tim Spier in der Lehre war, wie er immer wieder Verantwortung in der Selbstverwaltung übernommen hat und wie wenig Anerkennung damit verbunden ist, der fragte sich, wie das alles unter den Bedingungen einer Juniorprofessur möglich war. Tim Spier hat häufig seine eigenen Interessen zurückgestellt, er ist in Vorleistung gegangen, wovon andere profitierten. Er war sehr selbstkritisch, für Außenstehende war das häufig unverständlich.

Tim Spier war ein politischer Politikwissenschaftler, aber auf eine eher ungewöhnliche Weise. Er konnte Studierenden hervorragend vermitteln, dass man sich zu einer differenzierten Analyse zwingen muss, gerade in der Politikwissenschaft. Er lebte selbst vor, wie man Thesen immer wieder bezweifelt, Erkenntnisse überprüft. Er war sehr fair und geduldig im Umgang mit anderen. Tim Spier demonstrierte, worin eigentlich eine wissenschaftliche Haltung besteht. Er war in dieser Hinsicht ein empirisch-analytisch denkender Kollege, der zur kritischen Diskussion aufforderte. Seine vielgelesenen Veröffentlichungen versprühen diesen Geist auf jeder Seite. Zugleich brannte Tim Spier dafür, den Wert demokratischer Institutionen und Regeln zu würdigen, Streit und Interessengegensätze anzuerkennen und sich umfassend mit Ideologien auseinander zu setzen.

Er konnte nicht nur vermitteln, was eine wissenschaftliche Haltung ist, er hatte auch ein Gespür dafür, das Politische sichtbar zu machen. Bei ihm war Politik nicht zu einem abstrakten Vehikel für die eigene akademische Karriere verkommen. Und natürlich hatte er auch politische Überzeugungen, war seit seiner Jugend politisch interessiert und engagiert. Auch an seinen Universitäten, als Student im AStA und später auch in diversen Gremien bis hin zum Fakultätsrat, hat er sich für das eingesetzt, was seiner Meinung nach Politik ausmachte: Interessen zu erkennen und anzuerkennen, Konflikte auszuhalten, und nach fairen Regeln einen argumentativen Diskurs zu führen, für eine Sache zu kämpfen und zu entscheiden. Er war dabei mehr Parlamentarier als Sachwalter der Exekutive.

Tim Spier stand kurz davor, von der Juniorprofessur mit tenure track auf eine dauerhafte W2-Professur an unserer Universität berufen zu werden. Er hätte es mehr als verdient gehabt. Im Januar 2018 wäre sein Probevortrag gewesen. Er konnte ihn nicht mehr halten: Am 15. November 2017 verstarb Tim Spier im Alter von 42 Jahren im Universitätsklinikum Düsseldorf nach kurzer, schwerer Krankheit. Sein Tod ist für uns alle ein großer Verlust, etwas, das wir nicht begreifen können. Wir denken an seine Frau, an seine Familie, seine Freunde, seine engen Weggefährten. Du fehlst uns, lieber Tim, wir werden Dein Andenken bewahren.

Die Kolleginnen und Kollegen des Seminars für Sozialwissenschaften an der Philosophischen Fakultät der Universität Siegen“ (Online verfügbar unter: https://www.uni-siegen.de/start/news/oeffentlichkeit/793905.html)

 

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