Resolution des 46. Studierendenparlaments zum Artikel „Kraftvolles Zeugnis für die Bibel“ in der Siegener Zeitung vom 20.11.2019

26. November 2019|

„Kraftvolles Zeugnis für die Bibel“, titelt die Siegener Zeitung im Lokalbereich in ihrer Ausgabe vom 20.11.2019 und berichtet dabei über den „Studientag Heilsame Lehre“ des evangelikalen „Netzwerk Bibel und Bekenntnis“ in der Hammerhütte, welche auch die Universität studienübergreifend als Campus EGV nutzt. Unter den rund 870 Gästen befanden sich unter anderem Ulrich Parzany, Markus Hoffmann und Olaf Latzel, die auch als Redner in Erscheinung traten. Dabei manifestierte sich erneut ein äußerst homophobes Weltbild. Hoffmann blieb besonders dafür im Gedächtnis, über die „Christenpest Homosexualität“ zu schwadronieren, die sich unter anderem daraus ergebe, dass in der Jugend männliche Bezugspersonen fehlten, was letztlich darin münde, sich zur Homosexualität „verführen“ zu lassen. Diese lasse sich unter anderem in seiner „Bruderschaft des Weges“ „therapieren“, in der durch Bevormundung Jugendliche dazu getrieben werden, ihre Sexualität als fehlerhaft und ihre gleichgeschlechtlichen Erfahrungen als Missbrauch misszuverstehen. Er verstehe allerdings nicht, weshalb seine Behandlungsmethoden durch die Gesetzesinitiative von Bundesgesundheitsminister Spahn bezüglich Konversionstherapien bald verboten werden könnten.
An dieser Stelle möchten wir hervorheben, dass diese „Therapien“, die als seelsorgerische Hilfe verkauft werden, nicht zu verharmlosen sind, und keine Hilfe zur Selbsthilfe darstellen, sondern immer wieder Menschen in psychische Probleme bis hin zum Suizid treiben und das Bild vermitteln, dass Homosexualität eine Krankheit und damit zu therapieren sei. Diese Einstellungen haben an der Universität keinen Raum und sind nicht tolerierbar.
Laut Parzany versammeln sich über 2400 Einzelpersonen und fast 70 Gemeinden hinter besagten Netzwerken, darunter auch der „Evangelische(r) Gemeindeverband Siegerland-Wittgenstein“, dem das Gebäude gehört.
Gerade für betroffene Studierende ist es kaum zumutbar, gezwungen zu sein in den Räumen solcher Organisationen zu studieren. Die Universität versteht sich als säkulare Einrichtung, und auch die Studierendenschaft hält in ihrer Satzung fest: „Die Studierendenschaft arbeitet auf gleichberechtigter, demokratischer und überparteilicher Grundlage unabhängig von dem Geschlecht, der ethnischen Herkunft, der Nationalität, der Religion oder Weltanschauung, der sexuellen Identität, einer Behinderung und des Alters.“. Daher fordern wir die Universität auf, von einer weiteren Nutzung des Camps EGV Abstand zu nehmen, verfügbare Alternativen zu prüfen und sich vom Evangelischen Gemeindeverband Siegerland-Wittgenstein in aller Form zu distanzieren. Sollte eine weitere Nutzung nicht zu umgehen sein, fordern wir die Universität auf, die Verträge mit dem Evangelischen Gemeindeverband Siegerland-Wittgenstein dahingehend abzuändern, dass Werbematerialien et cetera, die mit der Satzung der Studierendenschaft unvereinbar sind, für die Dauer der Nutzung zu entfernen, hat sie sich ja selbst mit der Charta der Vielfalt und dem Slogan „Zukunft menschlich gestalten“ eine Zielsetzung gegeben, die nicht mit den Anschauungen dieser Organisationen vereinbar ist.
Wir solidarisieren uns mit allen Betroffenen und durch den Artikel diskriminierten Menschen.
Nicht zuletzt möchten wir an dieser Stelle auch die Siegener Zeitung in aller Schärfe dafür kritisieren, derart unkritisch und geradezu unterstützend Menschen, die in mehr als einer fragwürdigen Veranstaltung bereits als „Hassprediger“ aufgefallen sind, ausführlich und unwidersprochen Raum in einem solchen Artikel zu geben. Wer Homoheiler hofiert, wird seiner journalistischen Sorgfaltspflicht nicht gerecht.
Wer sich weitergehend über die sogenannten Konversionstherapien informieren möchte, kann das
unter anderem über die Mission Aufklärung des LSVD tun. Für alle Betroffenen, die Hilfestellung benötigen, gibt es diverse Hilfstelefone. An der Universität Siegen bietet unter anderem das Gleichstellungsbüro Hilfe an (0271 740-2227), in Siegen selbst organisiert der andersRoom e.V (0271 53297) Hilfsangebote. Darüber hinaus wird es am kommenden Freitag, dem 29.11.2019, ein Beratungsangebot von queer@uni Siegen im Raum AR HB 006 von 10-12 Uhr geben.
Für die Verfasste Studierendenschaft der Universität Siegen
gezeichnet
Das 46. Studierendenparlament der Universität Siegen, queer@uni Siegen, SCHLAU Siegen, AStA Universität Siegen.
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