Der neue Campus-Name steht

2. Dezember 2014|

Die „Uni kommt in die Stadt“ heißt es auf der Homepage der Universität. Mit dem Unteren Schloss erhält die Uni einen neuen Standort, in dem vor allem die Fakultät III (Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftsrecht und -informatik) Einzug erhalten wird. Dem womöglich am attraktivsten gelegenen Campus fehlte bisher nur noch ein Name. „Die Universitätsleitung – allen voran Rektor Prof. Dr. Holger Burckhart – setzt auf die Kreativität von Unimitgliedern, Studierenden und Bevölkerung“, heißt es in einer Mitteilung der Universität vom 01. Oktober, ein Wettbewerb wurde ausgeschrieben.

Etwa 130 Teilnehmer*innen soll es gegeben haben, eine Jury wurde einberufen, allerdings bleibt nach wie vor fraglich, nach welchen Kriterien die Mitglieder sowie deren Anzahl und Aufteilung ausgewählt worden sind – von (demokratischer) Legitimation kann keine Rede sein. Schließlich wurden auf Anraten der Jury drei Vorschläge im Senat behandelt. Was am Ende als Ergebnis bekanntgegeben wurde – der „Campus Unteres Schloss“, – ist nicht etwa ein schlechter Scherz, weder spricht er für die mangelnde Kreativität der Teilnehmenden, sondern vermutlich für eine Ablehnungshaltung der Entscheidungstragenden gegenüber des Vorschlags, den mit der Studierendenschaft (in Namen von AStA, StuPa, Studentischen Initiativen, Autonomen Referaten, Fachschaftsräten und hochschulpolitischen Listen) nicht nur die größte Statusgruppe der Universität teilte, sondern auch Dozierende und andere Angehörige der Hochschule: der Walter Krämer Campus. Der FSR GG LaBaMa bringt es in seiner Stellungnahme auf den Punkt, indem er feststellt, dass man „eine einmalige Chance zur angemessenen Würdigung der Person Walter Krämers nicht wahrgenommen hat und der politischen Verantwortung für diese Würdigung erneut aus dem Weg gegangen wurde“.

Der von einem SS-Kommando ermordete „Arzt von Buchenwald” sollte vor wenigen Wochen mit einem Gedenkplatz am Kreisklinikum Siegen geehrt werden – die Einweihung blieb jedoch aus, zudem hat der Platz (zumindest „postalisch“) keine Bedeutung. Ein „Walter Krämer Campus“ im Herzen der Altstadt hätte in vielerlei Hinsicht ein Zeichen setzen können: Krämer, als gebürtiger Siegener, „macht in aller Welt Eindruck und wir finden, es stände einer sich demokratisch, progressiv, weltoffen nennenden und (im Prinzip) humanistischen Idealen verpflichteten Bildungsanstalt gut an, den Namen Walter Krämer in seiner Heimatstadt weiter dem Vergessen zu entreißen.“ heißt es im Wettbewerbsbeitrag auf der eigens eingerichteten Homepage.

Ein Schlosser aus einfachsten Verhältnissen, der sich unter den schwierigsten Bedingungen im Konzentrationslager Buchenwald autodidaktisch medizinische Kenntnisse aneignete und somit vielen Mithäftlingen das Leben retten konnte – ein Vorbild an Eigeninitiative, Solidarität und Menschlichkeit. Aber wo besteht auch die Notwendigkeit, einen Menschen zu würdigen, der in einem grauenhaften Regime diese Werte hochhielt? Warum einen Menschen ehren, der seine Gegenwart (nach Möglichkeit) menschlich gestaltete, wenn man sich einfach „Zukunft menschlich gestalten“ auf die Fahne schreiben kann? Möglicherweise erfahren Krämers beispielhafte und humanistische Taten, die jenseits der politischen Gesinnung für jede Person ein Beispiel sein sollten, dadurch eine „Abwertung“, dass er Mitglied in der KPD war – ein Kommunist also, der einfach nicht in eine Reihe mit den „Antidemokraten und Steigbügelhalter[n] des Nationalsozialismus und seiner Ideologie wie Paul von Hindenburg, Adolf Stoecker und Lothar Irle“ (Stellungnahme des FSR GG LaBaMa) passt.

73 Jahre nach seiner Ermordung bot sich die perfekte Chance auf eine angemessene Würdigung des „Gerechten unter den Völkern“, die Uni war nur zu beschränkt, sie zu ergreifen.

Markus Ludwig / AStA-Referent für Presse- & Öffentlichkeitsarbeit und Soziales

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